Die Ökonomie der Aufmerksamkeit

„Die Aufmerksamkeit anderer Menschen ist die unwiderstehlichste aller Drogen“

so heißt es im Buch von Georg Franck, Ökonomie der Aufmerksamkeit [1].“Aufmerksamkeit ist eine Währung geworden, die immer knapper wird“, so seine These. Ein Bild, welches von der Werbe – und Medienbranche uns täglich vor Augen geführt wird. Mit den digitalen Medien geht es sogar noch weiter: Inhalte werden im großen Stil kostenlos angeboten, die Empfänger bezahlen nur noch mit ihrer Aufmerksamkeit, die dann wieder für Werbung vermarktet wird. Konzerne, wie Google und Facebook, die nahezu ausschließlich ihr Geschäftsmodell auf der Ökonomie der Aufmerksamkeit aufbauen, sind mittlerweile so erfolgreich, dass sie unsere Kultur dominieren.

Immer mehr Menschen setzen sich in Szene, um mit Likes, Followern und somit mit Aufmerksamkeit belohnt zu werden. Und je erfolgreicher sie sind, desto mehr werden sie angespornt, noch mehr zu senden.

Warum ist das so?

Menschen sind soziale Wesen. Menschen brauchen Orientierung. Menschen orientieren sich an ihren eigenen Bedürfnissen [2].

Sind die Grundbedürfnisse nach Sicherheit, Gesundheit und finanzieller Unabhängigkeit einmal befriedigt, dann rückt die eigene Person ins Zentrum der Lebensinhalte. Zugehörigkeit ist neben der Sicherheit eines der stärksten Bedürfnisse. Menschen wollen im Bewusstsein anderer Menschen eine Rolle spielen. Die eigene Integrität, das eigene Selbstwertgefühl, wird durch positive Aufmerksamkeit anderer gestärkt. Das gilt für einen selbst, aber auch für andere. Somit ist die gegenseitige Aufmerksamkeit wechselseitig zu betrachten.

Erst wenn wir diesen Mechanismus durchschauen, wird uns klar, dass unser Verlangen nach Beachtung nicht über den Kontostand, sondern über die eigene Wertschätzung durch andere erfüllt wird.

Menschen haben nach Rogers [3] eine Aktualisierungstendenz. Es ist das übergeordnete Sinn- und Entwicklungsprinzip menschlichen Verhaltens und Erlebens. Weil unsere Selbstwertschätzung so eminent von der Wertschätzung anderer abhängt, ist es schon ein Auftrag der Selbstwertschätzung, für reichlichen Bezug dieses immateriellen Einkommens zu sorgen. Somit tut ein Mensch alles, um seine Selbstachtung aufrechtzuerhalten. Das heißt, der Unterschied zwischen Real-Wahrnehmung und den Erwartungen durch die Gesellschaft, auf die wir selber Wert legen, wird im Rahmen der Selbstaktualisierung verringert und damit der Selbstwert gesteigert.

Die Grundorientierung einer Gesellschaft, in der es nicht mehr an erster Stelle um das Geldverdienen, sondern um das Einnehmen der Aufmerksamkeit anderer Menschen geht, kann eigentlich nicht mehr als materialistisch bezeichnet werden. An dieser Stelle ist der ökonomische Materialismus am Ende. Ein weiteres Indiz, warum in höheren Führungsetagen der Materialismus häufig Mittel zum Zweck ist und zur Erreichung von Aufmerksamkeit und Wertschätzung, als absolut notwendiges und hohes Gut, ggf. sogar politische Mittel eingesetzt wird.

Das Funktionieren von Organisationen, die Zusammenhänge von Struktur und Psyche sind unter anderem Bestandteil im systemisch konstruktivistischen Coaching und der systemischen Beratung von Denkerprise®, Die Denker-Enterprise.

Referenzen:

[1] Georg Franck, Zur Ökonomie der Aufmerksamkeit, Medien+Erziehung, 43. Jahrgang, Heft 3/1999. München 1999, Kopaed Verlags GmbH

[2] Abraham H. Maslow, Motivation und Persönlichkeit, rororo Verlag, 1981

[3] Carl. R. Rogers, Die nicht-direktive Beratung, Fischer Taschenbuch, 1985

Dr. Knut Menzel, Co-Founder
Bert Rother (B.A.), Co-Founder

Denkerprise®, Die Denker-Enterprise
Institut für kreativ agiles Arbeiten & Change Management

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