Die Welt ist komplex.
Mit jeder Wahrnehmung selektieren wir auf Basis unserer Genetik, unserer Biologie, den übernommenen Werten & Normen der Eltern, aufgrund unserer Erziehung und Erfahrungen in jeder Sekunde alle hereinkommenden Eindrücke in Informationen und Desinformationen. Wir reichern somit insbesondere unsere Erfahrungen im Bewusstsein mit diesen selektierten Informationen an. Diese Form der Selektion ist bei jedem Menschen unterschiedlich, da jeder Mensch eine andere Basis hierzu hat. Damit hat jeder Mensch eine andere Landkarte der Welt, seine eigene sogenannte Wirklichkeitskonstruktion.
Wir Menschen leben als soziale Wesen in offenen Systemen.
Offene Systeme haben bestimmte Eigenschaften und sind:
- Jeder kann potentiell mit den anderen Teilnehmern des Systems in Kontakt treten
- Man kann nicht nicht kommunizieren (Axiom 1, Watzlawick [3])
- Die Welt ist zirkulär (Axiom 3, Watzlawick [3])
- Jeder Teilnehmer im System bildet sich seine eigene Wirklichkeitskonstruktion
- Das System ist mehr als die Summe seiner Einzelelemente (Entstehung von Synergie)
- Es bilden sich Rollen in dem System. Immer.
- Eskalationen vertiefen sich (aufgrund von Stabilität und der eigenen gefühlten Wichtigkeit)
- Systeme neigen stabil zu sein
- Ändert sich nur wenig im System, dann konvergiert das System zum stabilen Gleichgewicht
- Es ist eine Form der Sprungfunktion notwendig, um ein System von einem stabilen Gleichgewicht in ein anderes zu bringen
Systemischer Konstruktivismus ist die Basis für erfolgreiches Führen in Unternehmen und lässt sich beschreiben als Kybernetik 2. Ordnung [1, 2, 5].
Kybernetik (auch Kunst des Steuerns) beschreibt die Wissenschaft der (Selbst-)Steuerung und Regelung von Systemen wie sozialen Organisationen durch Information, Kommunikation, Rückkopplungen und Feedback.
Die Kybernetik 1. Ordnung beschreibt die Steuerung von beobachteten Systemen, also klassische Fragen wie z.B. den steuernden und regulierenden Einfluss einer Führungskraft auf seine Mitarbeiter.
Die Kybernetik 2. Ordnung beschreibt aus einer konstruktivistischen Perspektive heraus die Steuerung von beobachtenden Systemen. Das bedeutet, dass die steuernden Elemente eines Systems, z.B. Führungskräfte in Unternehmen, durch ihre Handlungen nicht nur das System steuern und regulieren, sondern selbst dadurch beeinflusst werden, z.B. in ihrer Wahrnehmung und der daraus folgenden Handlungen.
Siehe dazu das folgende Video von Simons [4], bevor der Text weitergelesen wird
Simons [4] zeigte in seinem Versuch („Zähle die Anzahl der Ballwechsel der weißen Mannschaft“, 1. Runde: der Gorilla, der durch das Spielfeld ging, wurde übersehen aufgrund Fokussierung auf das Zählen, 2. Runde: der Gorilla wurde gesichtet, da „nur geschaut“ wurde), dass ein Beobachter auch nur eine Wirklichkeitskonstruktion für sich baut und damit nicht die „Wahrheit“ besitzt.
Beobachter und Beobachteter bedingen sich nach dem Axiom von Watzlawick („Man kann nicht nicht kommunizieren“) und aufgrund der potentiellen Verbindungen der Systemelemente und der vorhandenen Zirkularität in Systemen, gegenseitig [3].
Daraus ergibt sich als notwendige Folgerung die Abkehr von Wahrheit hin zur Brauchbarkeit, und ebenso die Notwendigkeit des Blicks auf den Blick und damit der Einführung eines bzw. mehrerer Beobachter. Diese gewährleisten unterschiedlichste Perspektiven, die einen Unterschied darstellen, der ein Unterschied für den Klienten ausmachen kann. Somit hat er die Option zu mehr Handlungsfähigkeit, was das Ziel des Coachings ist.
Beobachter können sein: z. B. innere Persönlichkeitsanteile von Beobachter oder Beobachteten, externe Beobachter, physische Mentoren oder virtuelle Mentoren.
Da insbesondere der Klient bzw. Persönlichkeitsanteile des Klienten auch Beobachter mit eigenen Wirklichkeitskonstruktionen sind, ist er somit der Experte seines eigenen Anliegens und damit für die Lösung seines Anliegens auch selbst verantwortlich, da die Lösung Teil seiner eigenen Wirklichkeitskonstruktion und hilfreich für das ihn bedeutende Systems werden/sein muss.
Führen ist häufig das Optimieren im System und damit Kybernetik 1. Ordnung
Es handelt sich als um das Optimieren von Prozessen und des Systems, d. h. nach dem Ursache-Wirkungs-Prinzip. Kybernetik 2. Ordnung heißt das Hinterfragen der Handlung der (komplexen) Führungskraft. Damit geht es in der Kybernetik 2. Ordnung um eine veränderte Wahrnehmung daraus folgender veränderter Handlungen.
Fazit: Ein systemisch konstruktivistisches Mindset ist essentiell für alle Führungskräfte und Lenker von Organisationen im Rahmen von Führung, als auch bei Kulturwechsel und im Change Management.
Obige Ausführungen zeigen, dass Wahrheit und Objektivität von einzelnen Personen im Rahmen ihrer Machtausübung und Durchgriff in der Organisation zwar für sich in Anspruch genommen werden könnten, aber nicht notwendigerweise hilfreich sind. Nur die Berücksichtigung unterschiedlicher Perspektiven innerhalb und außerhalb des Systems, und die Veränderung der eigenen Wahrnehmung und Handlung als komplexe Elemente des Gesamtsystems lassen Verändungen in der Organisation zu, die einen bedeutenden Unterschied ausmachen und somit potentiell mehr und hilfreichere Handlungsoptionen zulassen.
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Literatur:
[1] Fritz B. Simon, Einführung in den Systemischen Konstruktivismus, Auer-System-Verlag, 9. Edition, 1. Februar 2020, ISBN 3896705474
[2] Wilhelm Backhausen, Jean-Paul Thommen, Coaching, Durch systemisches Denken zu innovativer Personalentwicklung, 2. Auflage, Gabler Verlag, 2004.
[3] Kevin Schiemenz, Die 5 Axiome der Kommunikationstheorie nach Paul Watzlawick, GRIN Verlag, 2020, ISBN: 3346099830
[4] Daniel Simons, The Monkey Business Illusion, Youtube Video, https://youtu.be/IGQmdoK_ZfY
[5] Dr. rer. nat. Knut Menzel, Systemisch Konstruktivistisches Coaching im privaten Umfeld und in Organisationen, Studienarbeit im Rahmen der Zertifizierung zum Psychologischen Berater beim Verein Freier Psychotherapeuten, VFP, 2016.
Dr. Knut Menzel, CEO & Co-Founder
Denkerprise®, die Denker Enterprise
Institut für kreativ agiles Arbeiten & Change Management